Samstag, 1. Mai 2010

Bisket Jatra - Happy New Year 2067

Die Nepalesen sind ein feierfreudiges Vok. Manch einer behauptet, es gibt mehr Feiertage als Kalendertage.
Nun herrschte seit Sonntag Ausnahmezustand in Bhaktapur, das einwöchige Bisket Jatra war voll im Gange.
Samstag war der Auftaktstag: Seit geraumer Zeit sammelten sich Männer zu unserer Verwunderung vor der großen Pagode und hämmerten und meißelten an Holzblöcken rum. Bald fanden wir heraus, dass dies die Vorbereitung für das Neujahrsfest sind, an welchem ein auf Rädern stehender Tempel durch die Gassen gezogen wurde. Es waren die Räder, welche vor unserem Auge gefertigt wurden.




Mit der Zeit irgendwann - ich glaube eine Woche vor dem großen Fest – stand dann das Chariot auf dem Platz vor der Pagode und diente als Spielplatz für die Kinder. Nachher erschien noch das Babychariot -
Am Samstag war es dann soweit. Früh morgens bin ich aus dem Bett gehuscht um die Stimmung am großen Festtagsmorgen einzufangen. Es herrschte reges Markttreiben, die Viehhändler nehmen in ihrer Zahl zu, da nun während dieses einwöchigen Festes viele Tiere (besonders Ziegen und Hühner) Göttern geopfert werden – und nachher verspeist.
Vorbereitungen für den Umzug wurden noch getroffen: die Chariots wurden geschmückt, eine Heiligenfigur an die Spitze montiert, die Räder zur Vervollständigung coloriert. Frauen kamen und hielten ihre Morgenpujas an den Rädern ab. Kinder genossen es auf dem Babychariot rumnzuturnen.


Gegen Nachmittag hatten wir es uns auf unserer fast privaten Dachterasse gemütlich gemacht. Für eine Nacht sind wir in das Newa Guesthouse in die Stadt gezogen – zu der Familie, die auch die Lassis macht, welche wir gern mit Blick auf die Pagode geniessen. - Und nicht nur die Lassis.
Auf meinem Weg hoch in die Stadt sah ich so viele Leute wie selten zuvor vor den Häusern und auf der Straße und auf dem Platz. Man merkte – da geht etwas vor sich. Auf einmal hörte ich freudvoll jubilierende und kreischende Kinder und sah wie sich eben diese in die Luft springend freuten als das vierte Rad aus dem Schuppen heraus geholt wurde. Nun konnte das Fest also wirklich los gehen.
Ich stand gerade unter einer schönen schönen dusche als ich Kindergeschrei hörte - und just in dem Moment hat sich das Babychariot entfernt.
In unserer PolePosiiton saßen wir nun und sahen zu wie sich der Taumadi Tole füllte......Gemach gemach alles, Polizisten en masse in schwarz-blauer Camouflagemontur, käferngleich liefen Patrouille und schienen kein Ende zu nehmen. Auf einmal stiess die Menge einen Laut aus – ich sah nur einen etwa 3m großen grün-orangen Regenschirm zwischen der Meer der schwarzen Haare aufleuchten. Nun weiss ich, dass sich unter diesem Regenschirm der Priest befindet, welcher nun das Chariot bestieg.
Immermal waren Hauruckähnliche Interjektionen zu vernehmen und ich freute mich mit infantiler Vorfreude und dachte es geht jeden Moment los. Die Nepalesen zögerten eine ganze Weile, zwei alte Männer brachten ein unscheinbares Seil in die Mitte des Platzes – es war DAS Seil. Nun konnte es beginnen. Das Seil wurde unter dem Chariot durchgespannt und es begann das größte Tauziehen das ich je sah. Das Ziehen des Tempels hat eine lange Geschichte und nun wird es als Kampf der zwei Stadtteile von Bhaktapur verstanden. Männer aus dem oberen Bhakatpur gegen Männer aus dem unteren Bhaktapur. Und zugleich ist es das Fest, dass die Königtochter von einem schlangenartigen Dämonen befreit wurde. Das Fest für die Bewohner von Bhaktapur.

Nun sahen wir die Masse nach links schwenken, jubelnd, gröhlend, als sich das Chariot einer hopsenden Bewegung gleich langsam unserem Sichtfeld entfernte. Doch dann kam wieder ein Pulk von Männern - denn nur ihnen wird erlaubt zu ziehen – wellenartig wieder nach rechts strömte. Und so ging es immer immer weiter. Der Tempel holperte nach links, später wieder nach rechts – Alles per stählerne Muskel und Manneskraft. Die Männer steigerten sich in Ekstase, Fanatasismus. Es herrschte Stimmung wie bei einem Fussballspiel, gerade die Zuschauer, welche von der Pagode zuschauten, rannten und sprangen sobald sich der Tempel in eine andre Richtung bewegte, um die Pagode, da spielte es keine Rolle, dass man Tempel nur im Uhrzeigersinn umlaufen darf. Ich finde es zeigt sehr gut, die Glaubenstärke.
Das Ziel war es den Tempel bis zum Dattatriyasquare zu ziehen, zu Fuss sicher etwa 15 Minuten entfernt und der Weg führt durch schmale Gassen – und wieder zurück. Nach dem fünfmaligen hin und her ziehen auf dem Taumaditol ( - jaa, sie haben ja so lange dran gebaut, da muss dem kindlichen Spieltrieb Freilauf gewährt werden) – haben sie es dann endlich geschaft. Endlich haben sie die Kurve einschneiden können und nun rollte er davon, der Tempel auf Rädern. Wenn er am halben Ziel angekommen ist, gibt es erstmal eine Verschnaufpause für Männer – das heiß es gibt essen! - und dann sollte es möglichst weiter gehen, und zwar wieder zurück. Und falls die Bhaktapurianer es nicht schaffen, muss das Militär den Tempel zurückziehen. Aber das ist ein schlechtes Omen. Sharmilla meinte, vor drei Jahren haben sie es nicht geschafft – politisch gesehen war es turbulentes Jahr. Doch – auch dieses Jahr hat das Chariot nicht sein Ziel erreicht – es ging kaputt, die Mittelachse ist gebrochen. Ich hoffe nun das beste für das jungfräuliche Jahr!


Aber auch hier gibt es diejenigen, welche über die Stränge schlagen. Die zu viel trinken, die mit keine Grenzen kennen in ihrem Fanatismus. Wobei man bei ihnen sicher keine religiösen oder feierlichen Gründe ausmachen kann. Während der gesamten Woche herrschte Abends eine besorgte Stimmung ob nicht wieder Steine flögen, es Verletze gäbe. Und es kam aber auch so. Leider leider, der bittre Beigeschmack des Feierns.


Wir bekamen zur Feier des Tages das entsprechende Festmahl serviert – eine noblere Form des Dhal Baat. Mit flach gestampften Reis, mehreren Gemüsevariationen, Linsenomlett, besonderem Fleisch – und Curd als Nachtisch. KingCurd ist der spezielle und populäre Joghurt, welcher typisch für Bhaktapur ist. Mhh! Und Raiksi.




Und den kommenden Tagen sahen wir wieder die Chariots – Kinder zogen das kleine. Und das Große war behelfsmäßig zusammengeschustert wurden - es sah aber mächtig mächtig fertig aus. Es diente als Opferstelle und am Boden sammelten sich Essensreste, Blumen....



 In der ganzen City war Tohuwabohu- überall war etwas los. Aber das zweite wichige Event war das Aufstemmen eienes 20 Meter hohen Baumstammes (und niederlassens am nächsten Tag!)in Bhelukel, ganz dich bei uns am Krankenhaus. Als wir an diesem in die Stadt liefen, säumten viele kleine Händler, welche Getränke und Snacks anboten unseren Weg, es waren kleine Spielstände (ins. Dosenschiessen oder Büchsenwerfen.....) aufgebaut. Der Baumstamm darf aber erst – per Manneskraft natürlich- aufgestemmt werden, wenn das Chariot den Platz erreicht hat. Wir schauten uns das Spektakel – weil gerade ein gefährlich anmutender Sandsturm durch Bhaktapur zog – bei Sharmilla im Guesthouse per Liveübertragung im Fernsehen an. Es war das erste Mal, dass ich so wirklich wieder Fernsehen schaute....
Nun sahen wir diesen menschenüberfüllten Platz, den Baumstam, der schon seit unserer Ankuft nichtsbedeutend da lag. Das Chariot pretterte auf einmal den Weg herunter, konnte gut gestoppft werden, ein Johen begann, und es konnte los gehen. Auf dem Baumstamm war noch Shivas Lingam - Das Symbol der Weiblichkeit befestigt. Irgendwie soll die Aufrichtung des Baumstamms der eines überproportionalen Penis gleichen, und der Lingam eine huge vagina darstellen. Und wer an diesem Stamm mit einem Seil hochklettert, dem wird ein Junge geboren. Den weiteren Verlauf des Aufrichtens des Stammes schauten wir uns vom Krankenhausdach an, während riesige Blitze über uns den Himmel erhellten, die Ambulanz in das Krankenhaus einfuhr, das Anfeuern der Männer zu hören war - und einzelne kleine Miniraketen das Geschehen und den Jubel feierlich abrundeten. Wow, solch ein jubelstarkes Neujahrsfest.



Wir feierten Neujahr - und zugleich Abschied von Bhaktapur. Für Sarah und Aivy war es der letzte Abend. Daher hatten wir uns nepalesisch aufgedresst. In Saris und Kurtas. Wir zogen durch die Stadt - herrlich! Mit Sharmilla hatten wir Sarifaltstunden, klebten uns Tikas an - und sahen recht nepalesisch aus:) eine Attraktion für die Einheimischen, ein Spaß für uns - und eine Freude allemal. Es war ein schöner, freudvoller Abend - mit anschliessendem Abschiedsessen - um ein gemeinsames Kapitel hier in Nepal zu beenden.












In dem Sinne alles Gute für das Jahr 2067 BS. Apropos: Es war das nepalesische Neujahr - nur eines der drei Neujahrsfeste neben dem buddhistischen und dem newarischen. Hier drehen sich die Tage und Jahre nach dem Mond - es war schon komisch, mitten im Sonnenschein und sommerlichen Gefühlen "Namaste, happy new year zu wünschen"



Alles Liebe,

Marie








2 Kommentare:

  1. die bilder. großartig.
    hübsch siehst du aus. :)

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  2. so schoen. ich finde es allerdings etwas ...ehum....dass sie eine riesen vagina und einen riesen penis darstellen, an dem man hochklettern muss ???!!! aber die gewanender sind echt cool, ich hoffe doch du bringst sie mit, damit wir dich mal live in denen bewundern koennen.
    dir auch happy 2067!
    bisous

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